Die Ostheimer Weichsel

Ostheimer Weichsel
Sortenprofil nach Dr. Walter Hartmann, Stuttgart und Olaf Möller, Weinsberg

Herkunft:
Sierra Morena, Spanien.
Eingeführt nach Ostheim v. d. Rhön von Dr. Klinghammer im Jahr 1714.

Frucht:
Mittelgroße, fast rundliche Kirsche (4-5 g). Reift in der 4. Kirschwoche, etwas folgernd und hält sich lange am Baum. In Vollreife dunkelbraunrote, matt glänzende Früchte, weiches, saftiges Fleisch, löst gut vom Stein, mit angenehmer Säure und feinem, typischem Weichselaroma. Scharf zugespitzter Stein mit starker Rückenkante und deutlich sichtbarer Naht, 10-12 mm lang. Die Früchte sitzen auf einem mittellangen, relativ dicken, mattgrünen Stiel, meist einzeln oder gepaart.

Baum:
Mittelstarker Wuchs mit dichter, rundlicher Krone und dünnen, bald hängenden Trieben. Die selbststerile Sorte blüht früh und ist deshalb frostgefährdet. Früher Ertragsbeginn, meist aber nicht befriedigend. Die Sorte hat kleine, schmale Blätter und ist wenig krankheitsanfällig. Die Standortansprüche sind gering.

Verwendung:
Sehr gute Konserven- und Saftkirsche, aber auch für den Frischverzehr geeignet. Geschmacklich sehr wertvolle Sorte. Für den Liebhaberobstbau!

Besonderheiten:
Früher zählte die Sorte zu den am stärksten verbreiteten Sorten in Deutschland. Durch die Vermehrung über Ausläufer wurde jedoch eine negative Selektion betrieben, da faule Träger mehr und auch stärkere Ausläufer bilden. Die Sorte gilt deshalb als nicht besonders ertragreich.

Quelle:
Farbatlas Alte Obstsorten
hrsg. Von Walter Hartmann.
Unter Mitarbeit von H.-Th. Bosch, H. Jacob, O. Möller, F. X. Ruess und M. Zehnder
Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co., Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim), 2000
ISBN: 3-8001-3173-0

Foto: Image by Couleur from Pixabay

Ostheimer Weichsel. Foto: Georg Hansul

Ostheimer Weichsel

Herkunft und Geschichte nach Hugo Schmidt, Stadtarchiv Ostheim v. d. Rhön

Der in Ostheim v. d. Rhön ansässige Arzt Dr. med. Klinghammer nahm als kaiserlicher Feldmedicus am spanischen Erbfolgekrieg teil und brachte im Jahr 1713 von der Sierra Morena eine eigentümlich Kirschensorte von strauchartgem Wuchs mit nach Ostheim v. d. Rhön. Der einst in ziemlichem Umfang betriebene Weinbau in Ostheim v. d. Rhön war bis zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken, und es war das Bestreben Dr. Klinghammers, den Bürgern hieraus wieder eine Einnahmequelle zu erschließen. In den Bremelsbergen, die man seit dieser Zeit auch „Kirschberge“ nennt, entstand aus den mitgebrachten Ablegern eine Kirschenanlage. Das Experiment gelang und die Kirsche wurde für Ostheim sehr nutzbringend. Nach und nach wurde der ganze Südhang bepflanzt und ein reicher Erntesegen belohnte die Mühen. In den Jahren guter Ernten wurde ein Kirschfest in den Bremelsbergen gefeiert. In der Stadtchronik aus dem Jahr 1869 wird darüber ausführlich berichtet.

Die bewurzelten Schösslinge der Ostheimer Weichsel wurden ein gesuchter Handelsartkel und jährlich gingen viele Tausend an die Gärtnereien Deutschlands. So geben die Akten des Stadtarchivs darüber Auskunft, dass 1842 der Magistrat von Görlitz, 1846 der Jutiz- Kommissarius Schröder von Calbe, 1847 ein Lehrer W. Schulze von Belzig bei Potsdam solche bezogen haben. Das Schock wurde mit 1 Gulden und 18 Kreuzern berechnet. Den Versand erledigte der damalige Stadtkämmerer Markert.

Hingegen ging der Ernteertrag immer mehr zurück. In einem Bericht an die damalige Großherzogliche Bezirksdirektion in Dermbach teilte der Bürgermeister mit, dass seit dem Jahr 1869 keine reichliche Kirschenernte mehr zu verzeichnen gewesen wäre. Als Ursachen nannte der Bürgermeister das Fehlen einer nötgen Verjüngung, die Unterlassung der Bodenbearbeitung auf dem größten Teil der Grundstücke und schließlich der Befall mit schädlichen Insekten. Es wurde eine Kommission zur Hebung der Kirschenzucht gebildet, die es übernahm, die Kirschenanbauer zu beraten und Richtlinien für die Schädlingsbekämpfung zu geben. Die Kommission arbeitete auch ein Ortsstatut aus, um der Stadt ein Mi􏰃el in die Hand zu geben, die bessere Pflege der Kirschberge zu erzwingen. Der Stadtrat erließ dann am 8.12.1884 ein „Ortsstatut betreffend die Pflege und Hebung der Kirschenzucht“, welches aber nicht die Genehmigung der Bezirksdirektion fand. Die so gut gemeinten Bestrebungen verschiedener Bürger , vor allen Dingen von den darunter befindlichen Lehrern, haben keinen Erfolg.

Heute noch finden sich in den Kirschbergen aber auch in den Hausgärten viele Sträucher der Ostheimer Weichsel.

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